Dunedin Consort - Mozart: Requiem - HighResMac
Das ist doch mal eine Aufgabe: Die Rekonstruktion der Erstaufführung von Mozarts Requiem. Genau das haben Dirigent John Butt und die Dunedin Consort versucht und werden hiermit die eh schon muntere Diskussion um Mozarts Totenmesse, über deren Komposition er verstarb, um eine weitere Facette bereichern. Um heraus zu finden, wie ihnen das gelungen ist, das Ohr an die Einspielung von Linn Records gelegt.
Abgesehen von der Frage, ob denn nun Süssmayr Mozarts letzte Komposition wenigstens formal korrekt abgeschlossen hat und ob er denn des Meisters Vorstellung realistätnah abbildet, ist es auch nicht ganz so leicht zu sagen, wie das Stück wohl tatsächlich bei der offiziellen Uraufführung am 14. Dezember 1793 geklungen haben mag. Inoffiziell fand die allerdings schon knapp ein Jahr vorher, am 2. Januar des selben Jahres statt. Und wzei Stücke - das Agnus Dei und das Kyrie - wurden sogar schon zu Mozarts Begräbnis gespielt und sind in einer separaten Aufnahme mit Orgel und geändertem Klangkörper gleich doppelt zu hören.
Wie dem auch sei - zugehört hat keiner, so dass schon allein die Zusammenstellung des Orchester und Chor eine gewisse Herausforderung darstellt. Die Briten haben hierfür Archive bemüht und die gängige Aufführungspraxis von Konzerten insbesondere bei der Gesellschaft der Associierten Cavaliere zu der Zeit, denn hier fand die Januar-Premiere statt, zu Gunsten von Mozarts Witwe.
Das Ergebnis: Die vier Solisten führen den 16-köpfigen Chor und werden nicht separat betrachtet. Das Orchester besteht aus 11 Violinen, vier Violen, drei Chelli, zwei Bässen, zwei Bassetthörnern, zwei Fagotten, drei Posaunen, zwei Trompeten, Pauken und einem Piano. Gestimmt ist das alles auf 430 Hz, nicht wie bei beispielsweise den Karajan-Einspielungen auf 443 Hz. Aufgenommen wurde das Konzert in einer schottischen Kirche. Und wie klingt es?
Das erste, was auffällt: Trügt die Aufnahme nicht, hat es Mozart mit dem Sterben eilig gehabt, besonders wenn Karajans sehr beliebte 72-er Einspielung als Komplementär herhält, denn sie ist karajanuntypisch gemäßigt zügig. Auch die Klangfülle der Schotten ist bei weitem nicht so satt, wie bei den Berliner Philharmonikern. Das aber war ja auch nicht das Ziel.
Die fast schon karge Besetzung schafft einen Klang, der diskantsatt, luftig und transparent wirkt. Das sorgt gerade in den stilleren Solopassagen für eine zarte Intimität, die anderen Aufnahmen fehlt. Die Einstiege von Orchester und Chor erhöhen die Dynamik zwar im sinne von Klangdichte und Dramatik, knallen durch die schmale Besetzung aber nicht so heftig. Das Lacrimosa blüht eher auf, als dass es sich als Klangteppich im Ohr manifestiert. Und auch sonst lassen sich in der gebotenen eher kargen Instrumentierung viele schöne und überraschende Facetten entdecken, die manches aktuelle Symphonieorchester mit seiner Üppigkeit überdeckt.
John Butt und Dunedin Consort liefern mit Mozart Requiem (Reconstruction Of First Performance) eine sensible und transparente Einspielung von Mozarts Requiem ab. Feinheit ist das Gebot des Klangbildes, und passend hierzu ist die Bühne offen und realistisch aufgeteilt. Leider möchten die Musiker die Trauerarbeit für meinen Geschmack eine Spur zu eilig bewältigen, weshalb sich die in der Musik angelegte Schwere, Einhalt und Tragik nicht ohne weiteres einstellen mag. Aber vielleicht passt das ja auch besser zum meist recht munteren Mozart.